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Thom Morris
Athanassios Kaliudis

Ja, wir sind ein Paar!

W arum Laser und Induktion zusammen gehören, wie Romeo und Julia.

Hinter den Schutztüren der Laserschweißstation umarmt der Induktor die Antriebswelle, berührt sie aber nicht. Strom fließt, zu sehen ist nichts. Könnte Zoran Bubic, zuständig für Prozess und Arbeitsplanung bei GKN Driveline Deutschland, allerdings einen Finger auf die Stelle legen, an der der Laser Rohr und Tripode verbindet, würde er sich sofort verbrennen: Dort – und nur dort – hat das Metall eine Temperatur von rund 450 Grad Celsius erreicht. Bubic
wendet sich von der Fertigungszelle ab und erklärt: „Der Induktor bringt extrem schnell extrem viel Wärme in ein sehr kleines Stahlvolumen ein. Der Laser trifft auf eine ideal vorgewärmte Fügestelle und wir bekommen einen sicheren Schweißprozess.“

Hinter vielen erfolgreichen Schweißungen steht heute eine Induktionsanwendung: das Vorwärmen. Bei tiefen Schweißungen in kohlenstoffreichen Stählen hat der minimale Wärmeeintrag des Lasers eine Kehrseite. Das kalte Werkstück schreckt die Naht ab, was in der Wärmeeinflusszone zu Aufhärtung und Qualitätsmängeln wie Rissen führen kann. Konventionell bedeutet Vorwärmen, das ganze Bauteil im Ofen aufzuheizen. Der Induktor dagegen induziert die Wärme sekundenschnell in einem eng begrenzten Volumen. Und: „Vorgewärmt wird in der Schweißzelle“, erklärt Zoran Bubic. „Wir ersparen uns die Vorwärmstation sowie das Handhaben heißer Komponenten. Außerdem sparen wir natürlich jede Menge Heizenergie und sehr viel Zeit.“

Präzise, schnell, berührungslos

Wer sich in einem Hörsaal voller Maschinenbaustudenten für Induktion begeistert, erntet womöglich Gähnen: Induktion klingt nach Schulphysik, gibt es selbst im IKEA-Herd. Aber die Low-Tech-Aura verdampft sofort, wenn es an das eigentliche Knowhow geht. Eine Induktionsapplikation ist ein auf die Werkstücke abgestimmtes, ausbalanciertes System aus Induktor und Hochfrequenzgenerator. Ihre Wirkung lässt sich lokal fast auf das Grad Celsius genau steuern. Diese Kontrollierbarkeit und die Aufheizgeschwindigkeit machen die Induktion zu einer kleinen Wunderwaffe. Und handlich ist sie wirklich: Induktionssysteme lassen sich hervorragend in Fertigungsschritte, verkettete Automatisierungssysteme und Anlagenkonzepte integrieren.

Induktives Härten eines Getriebeteils: Wie der Laser wirkt Induktion extrem lokal. Gute Voraussetzungen für die effiziente Zusammenarbeit in flexiblen Prozessketten. (Foto: TRUMPF)

Im Feld der Spule befindet sich ein Schmelztiegel. Das einzuschmelzende Material wird in den Tiegel eingesetzt und durch induzierte Ströme erwärmt. Das elektromagnetische Feld überträgt die elektrische Energie berührungslos auf das Schmelzgut. (Foto: TRUMPF)

Anwendungen sind denkbar ab Raumtemperatur bis zu mehreren Tausend Grad Celsius. Ab 200 Grad Celsius wird es interessant für Metallbearbeitung und Lasertechnik. Oberhalb dieser Temperatur verdampfen viele nichtmetallische Schutz- und Funktionsschichten. Das heißt, dass derselbe Induktor, der die Fügestelle vorwärmt, diese – und wiederum nur diese – auch reinigen oder gar entschichten kann. Mit Temperaturen über 900 Grad schließlich lassen sich Werkstücke auch lokal härten oder aufweichen. Die Möglichkeiten der Induktion sind nahezu unerschöpflich.

Perlen in der Kette

„Der Einsatz der Induktion innerhalb der Laserbearbeitung ist zunächst nicht immer offensichtlich“, sagt Dr. Torge Behrens, Leitung Produktionslinie Induktion bei TRUMPF Hüttinger. „Aber während der frei programmierbare Laser die Einschränkungen mechanischer Verfahren aufhebt, ersetzen pyrometergesteuerte Induktionssysteme konventionelle Heizstrecken wie etwa Öfen und siedeln thermische Verfahrensschritte unmittelbar dort an, wo sie hingehören. In Powertrain-Anwendungen beispielsweise direkt in der Schweißzelle.“ Zugleich lassen sich die werkstückspezifischen Induktoren so gestalten, dass sie eine Vielzahl an Bauteilen bearbeiten können. So spielt es keine Rolle mehr, für welche Variante eines Getriebeteils die Anlage schweißt, wie Dr. Torge Behrens sagt.

In der Hot-Forming-Prozesskette wiederum bietet Induktion nicht nur eine Möglichkeit, Bleche vor der Presse zu erhitzen. Lokal induzierte Wärme kann die komplett gehärteten Bauteile lokal aufweichen. Eine Möglichkeit, die die Automobilindustrie aktuell entdeckt: um Schweißverbindungen zu ermöglichen und um das Verformungsverhalten höchstfester Karosserieteile beim Crash gezielt zu beeinflussen. Denn so steif die Bauteile auch sein sollen, wenn es knallt, darf der Stahl nicht brechen. Nur solange er sich verformt, baut er Energie ab. Die Hersteller beginnen darum, die im Crash bruchgefährdeten Stellen gezielt aufzuweichen und die Duktilität lokal zu erhöhen. Wieder geschieht dies direkt in der Laserbearbeitungszelle: Der Laser bringt Durchbrüche ein und besäumt das pressgehärtete Bauteil. Danach erzeugen Induktoren die gewünschten lokalen Sollknickstellen.

Fall für zwei

Keine Berührung, keine mechanischen Kräfte und dafür begrenzter Energieeinsatz. Lokale Wirkung – wenn gewollt auch sehr großflächig – und volle Prozesskontrolle über frei programmierbare Erwärmungsparameter: Der Laser hat seit einigen Jahren schon eine Partnerin, die auf den ersten Blick vielleicht nicht so aufregend wirkt wie das Scifi-Werkzeug Licht. Doch der zweite Blick lohnt sich. Denn die Induktionstechnik teilt nicht nur viele jener Qualitäten, die den Laser so interessant machen. Sie bringt eine reiche Mitgift in die Beziehung.