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Athanassios Kaliudis

Win-Win Situation: Venture Capital und die Start-Up-Szene

M illionen von Zuschauern haben die Fernsehshow „Die Höhle der Löwen“ gesehen. Besonders junge Leute sind von dem Konzept begeistert, bei dem Start-ups, Tüftler und Erfinder mit einem Produkt oder einer Idee um Investoren kämpfen. Auch Christof Siebert, Leiter des Innovationsmanagements bei TRUMPF in Ditzingen, kennt die Sendung. Ihn verbindet aber noch mehr mit den Löwen – er ist selbst einer. Im Interview beschreibt er, wie er mit seinem Venture-Capital-Team Technologien der Zukunft sucht und findet.

Venture Capital hört sich kompliziert an – was hat es damit auf sich?
Venture Capital bezeichnet erst einmal die Investition in Start-ups. Institutionellen Venture-Capital-Fonds geht es dabei um eine hohe Verzinsung des Kapitals; das geht aber mit einem hohen Risiko einher. Wenn klassische Firmen – so wie wir – aus strategischen Gründen investieren, wird daraus Corporate Venture Capital. Praktisch gesehen suchen wir Start-ups, mit denen wir eng zusammenarbeiten möchten. Eine Investition hilft dann beiden: dem Start-up, denn es bekommt Geld und Expertise. Wir profitieren durch eine engere Bindung an das innovative Jung-Unternehmen. Grundsätzlich gehört die Innovationsförderung bei TRUMPF schon lange fest zum Programm. Mit Venture Capital sind wir jetzt den nächsten logischen Schritt gegangen und haben eine Gesellschaft zur Förderung von Technologie-Start-ups gegründet. So können wir fokussiert nach technologischen Innovationen suchen, die für uns interessant sind. In Märkten, die an unsere Kernbereiche grenzen.

Wie soll die Finanzierung denn aussehen? Planen Sie auch Start-ups vollständig zu übernehmen?
Nein, das ist nicht unser Ziel. Gründerteams brauchen in der Regel eine Anschubfinanzierung. Mit TRUMPF Venture können wir über finanzielle Unterstützung einen Mehrwert bieten. Wir werden 40 Millionen Euro einsetzen, die wir über fünf Jahre investieren. Wir wollen bis zu fünf Start-ups im Jahr fördern. Das werden Minderheitsbeteiligungen sein mit Anteilen von 10 bis 30 Prozent. Die erste Investition haben wir Ende letzten Jahres bereits abgeschlossen: Wir unterstützen das Sensorik-Start-up XARION Laser Acoustics.

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Christof Siebert (rechts) und seine Kollegen bei einer Worksession.
Foto: Janine Graubaum

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Foto: Janine Graubaum

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Schnelles Team: Die Venture-Capital-Experten haben in den letzten Monaten 500 Start-ups angesehen und 30 in die engere Wahl genommen.
Foto: Janine Graubaum

Venture Capital ist keine gewöhnliche Abteilung bei TRUMPF – Ihre Gesellschaft hat besondere Arbeitsweisen, oder?
Um mit den Start-ups auf einer Wellenlänge kooperieren zu können, ist es wichtig ähnlich zu denken und zu handeln. Dazu gehört, dass man zum Beispiel schnell reagiert. Es gibt einen Spruch, der das ganz gut zusammenfasst: „Corporate schaut in den Kalender, Start-up auf die Uhr.“ Entscheidungen werden schneller getroffen – da müssen wir natürlich mithalten können. Dazu gehört auch der Mut, Dinge zu delegieren und auf seine Kollegen zu vertrauen. Mit der TRUMPF Venture GmbH haben wir eine eigene Gesellschaft für unsere Themen. Wir hoffen, dass unsere Arbeitsweise dadurch in Zukunft sogar noch schneller und unkomplizierter werden wird.

In welchen Bereichen suchen Sie nach möglichen Partnern?
Ein großes Thema ist bei uns natürlich die Smart Factory. Wir suchen jenseits von dem, was TRUMPF heute schon macht. Beispielsweise in den Bereichen Artificial Intelligence und Additive Manufacturing. Aber auch andere Bereiche können interessant sein. Bei unserem Partner XARION geht es um laserbasierte Messtechnik. TRUMPF würde so etwas wohl nicht selbst entwickeln, dennoch passt die Technologie sehr gut zu unseren eigenen Themen.

Und wie finden Sie Start-ups, die zu Ihnen und Ihren Vorstellungen passen?
Wir nutzen verschiedene Wege. Zum Beispiel besuchen wir Pitch-Veranstaltungen, bei denen sich Start-ups vorstellen oder nehmen als Juroren an Wettbewerben teil, etwa bei der Innovationsplattform „Coden“. Wichtig ist vor allem, ein gutes Netzwerk aufzubauen. Konkret haben wir uns etwa 500 Start-ups angesehen – 50 davon intensiver – und mit 30 haben wir innerhalb eines Jahres Gespräche geführt. Bei manchen Start-ups waren wir schon relativ weit, haben dann aber die Gespräche doch wieder abgebrochen. Es ist in dieser Branche extrem wichtig auf sein Bauchgefühl zu achten. Wir stellen uns vor einem Deal immer die Frage, ob wir unser eigenes Geld investieren würden und es für zwingend halten, dass das Start-up erfolgreich wird. Es gibt dabei aber kein „richtig“ oder „falsch“, vielmehr ist es wichtig, viele verschiedene Start-ups zu gleichen oder ähnlichen Themen zu sehen und dadurch einen Erfahrungsschatz aufzubauen.

Nachdem der „perfect match“ gelungen ist – wie geht die Zusammenarbeit zwischen Ihnen und den Start-ups weiter?
Wir helfen den Start-ups größer zu werden und ein Netzwerk aufzubauen. Bei Folge-Finanzierungsrunden wollen wir, wenn möglich, dabei sein. Der Verkauf der Anteile geschieht in der Regel nach etwa sieben bis zehn Jahren. Eine solche Investition ist so etwas wie eine „Ehe auf Zeit“, beide müssen gut prüfen, ob sie gut zusammenpassen, damit es gut läuft. Ein gewisses Risiko kann man aber nicht komplett ausschließen, schließlich investiert man nicht in etablierte Marken.

Risiko geht auch immer mit Mut einher – wie viel braucht man davon in Ihrem Job?
Ich würde sagen es geht um verschiedene Ebenen von Mut: Bei den Gründern und auch bei uns selbst. Die Start-ups tragen natürlich ein anderes Risiko als wir im Konzern. Wichtig ist deswegen die Wertschätzung für ihren Mut und eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Wir bei Venture Capital sind mutig, weil wir Investitionen tätigen, obwohl wir genau wissen und sogar davon ausgehen, dass nicht alle erfolgreich sein können. Es kann und muss sogar Misserfolge geben. Von zehn Startups gibt es drei bis vier Pleiten, drei bis vier wachsen ein bisschen und nur eins wird wirklich groß. Also ja, man braucht Mut – aber in Kombination mit Wissen.

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