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Daniel Kurr

Reverse Mentoring: Wenn die Führungsriege vom Nachwuchs lernt

S eit fünf Jahren geben bei TRUMPF die Auszubildenden und DHBW-Studierenden ihr Wissen weiter. Und das nicht an irgendwen: Sondern an die Führungskräfte des Unternehmens. Reverse Mentoring heißt das Austauschprogramm, bei dem die „Jungen“ den „Älteren“ etwas beibringen. Spannend finden das Ingo Sawilla, Data Governance Officer bei TRUMPF, und Mara Gurtner, ehemalige Auszubildende, und machen mit.

Mara Gurtner und Ingo Sawilla sitzen beim Mittagessen im Betriebsrestaurant „Blautopf“ am Hauptsitz von TRUMPF in Ditzingen. Heute gibt es Ofenkartoffel mit Kräuterdip und thailändisches Curry mit Reis. Mara Gurtner spricht, Ingo Sawilla hört zu. Sie ist 19 Jahre und ehemalige Auszubildende bei TRUMPF. Er ist 56 Jahre und ein regelrechtes Urgestein beim Maschinenbauer. 22 Jahre ist Sawilla dabei und heute als Koordinator für Data Governance, also die effektive Nutzung von Daten im Unternehmen, zuständig. Dass sie sich heute zum Mittagessen treffen, hat einen Grund: Vor über einem Jahr haben sich beide zu einem internen Mentoring-Programm angemeldet. Organisator ist die Ausbildungsabteilung von TRUMPF. Beim Begriff Mentoring scheint schnell klar: Der ältere, berufserfahrene Mentor nimmt die junge, unerfahrene Kollegin unter seine Fittiche. Gibt ihr Ratschläge und Erfahrungen mit auf den Weg. Doch weit gefehlt. Bei TRUMPF ist es genau umgekehrt. Reverse Mentoring heißt das Programm. Hier wird der Auszubildende zum Mentor und die Führungskraft zum Mentee. Dass dieses Konzept aufgeht, darin besteht bei TRUMPF seit Einführung des Programms im Jahr 2017 kein Zweifel: Schließlich können ältere Menschen von Jüngeren so einiges lernen. Insbesondere wenn es zum Beispiel um das Nutzungsverhalten und den Umgang mit Sozialen Medien geht.

Austausch_beim_Mittagessen

Ein guter Ort zum Austausch: Mentor Mara Gurtner mit ihrem Mentee Ingo Sawilla beim Mittagessen im TRUMPF Mitarbeiterrestaurant.

Mehr als ein Experiment

„Als ich vom Reverse Mentoring-Angebot hörte, dachte ich sofort, das ist cool, da mache ich mit“, erinnert sich Mara Gurtner. Das Programm hat sie über all die Monate nicht enttäuscht. Vielleicht auch, weil ihr das HR-Team beim sogenannten Matching-Verfahren Ingo Sawilla zuteilte, der genauso Lust auf das scheinbar umgedrehte Mentoring-Programm hatte. „Für mich war das Ganze am Anfang ein Experiment, bei dem mich vor allem die Generationenfrage interessierte. Was beschäftigt die jungen Menschen? Gehöre ich schon zum alten Eisen? Mein Ziel war es mit den jungen Leuten in den Dialog zu treten. Und am Ende ist das mit Mara sehr gut gelungen“, berichtet Sawilla.

Mara Gurtner ist noch im zweiten Lehrjahr, als sie sich mit Ingo Sawilla zum ersten Mal trifft. Wegen der Corona-Pandemie finden die ersten Treffen ausschließlich digital statt. Trotz physischer Distanz schaffen es die beiden ein offenes und vertrautes Verhältnis zueinander aufzubauen. „Wir haben uns schnell gut verstanden und gegenseitig mit Fragen gelöchert - alles immer absolut auf Augenhöhe“, erinnert sich Mara Gurtner. Die Themen waren vielfältig. Aber natürlich ging es auch um Soziale Medien: Snapchat, Instagram oder TikTok. „Ingo war in Sachen Social Media gar nicht so unerfahren, wie ich anfangs dachte. Er ist ja schon wegen seines Jobs technisch fit und hat selbst Kinder. Und trotzdem hat er nicht immer ganz verstanden, warum ich jetzt genau der einen oder dem anderen Influencer auf Instagram folge“, schmunzelt Gurtner. Auch das Thema Podcast diskutieren die beiden bei ihren Treffen. Denn Sawilla sieht in diesem Format großes Potential, um sein Herzensthema Datennutzung und Datenschutz im Unternehmen zu verbreiten. Da kommt ihm das Wissen und die Einschätzung von seiner jungen Mentorin zu Podcasts gerade recht.

Austausch_auf_Augenhoehe

Austausch auf Augenhöhe: Mara Gurtner gehört zur Generation Z und nutzt Social Media ganz anders als Ingo Sawilla. Auch wenn der als Tech-Fan gar nicht so unerfahren in Sachen neue Medien ist.

Wir denken nicht in Jung und Alt

Doch beim Reverse Mentoring geht es um mehr als reinen Wissensaustausch. „Vielmehr entstehen Kontakte zwischen zwei Personen, die im normalen Arbeitsalltag wahrscheinlich nicht zusammengekommen wären“, sagt Judith Richter, Head of Business Apprenticeship bei TRUMPF. Das Mentoring-Programm ist für das Unternehmen eine Win-Win-Aktion: So ist es eine gute Möglichkeit, junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Unternehmen einzuführen, aber auch die erfahrene Führungskräfte-Riege mit den Themen der Jugend vertraut zu machen. In den letzten Jahren haben deshalb schon über 90 Auszubildenden und Führungskräfte so zusammengefunden. Und es sollen noch mehr werden, denn schließlich fördert das Programm auch die Unternehmenskultur und das Verständnis füreinander.

Offen für Neues ist auch Ingo Sawilla. Er will von seiner Mentorin lernen. Das konnte er vor allem dann, als wieder persönliche Treffen möglich waren „Das ist natürlich deutlich besser als Gespräche über Teams. Egal ob beim gemeinsamen Mittagessen oder beim Spaziergang über den TRUMPF Campus – hier hörte ich Mara oft nur gespannt zu, war begeistert von ihrer klaren Meinung und konnte davon auch regelmäßig etwas für meinen Arbeitsalltag mitnehmen“, so Sawilla. Doch nicht nur Mentee, sondern auch Mentor Mara Gurtner zog einen klaren Nutzen aus dem Reverse Mentoring: „Ich wollte mit der Teilnahme an dem Programm bewusst raus aus meiner Komfortzone und das ist mir gelungen. Als Mentor konnte ich mit der Zeit meine Zurückhaltung ablegen und bin jetzt viel aufgeschlossener als vorher“, so die 19-Jährige.

Digitales_Meeting

Lange Zeit fand das Reverse-Mentoring nur digital statt. Beide sind sich aber einig: persönliche Treffen sind definitiv besser.

Noch lange nicht zu Ende

Nach einem Jahr ist das Programm für die beiden Teilnehmer offiziell zu Ende. Doch Mara Gurtner und Ingo Sawilla versuchen sich auch weiterhin immer wieder zu treffen. Sie sehen in dem Programm eine Chance, dass die TRUMPF Kolleginnen und Kollegen noch mehr miteinander in den Dialog treten: “Ich würde mir für die Zukunft wünschen, dass wir im gemeinschaftlichen Tun die Dinge in die Hand nehmen – egal ob jung oder alt. Denn für mich ist klar: Jeder für sich allein ist nicht zukunftsfähig. Nur in der Gemeinschaft können wir Dinge lösen. Und das fernab von Hierarchien“, so Sawilla

Die Themen gehen den beiden sicherlich nicht aus. „Vom politischen Weltgeschehen über die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen bis hin zum Arbeiten der Zukunft gibt es viel zu besprechen. Doch heute bei Ofenkartoffel und thailändischem Curry geht es um ein leichtes Thema: die nächste Urlaubsplanung“, lacht Mara Gurtner. Und so darf es auch sein. Denn auch solche Gespräche sind ein Zeichen für ein erfolgreiches Reverse Mentoring-Match.

Judith_Richter

„Wer nämlich beim Reverse Mentoring von TRUMPF mitmacht, akzeptiert, dass junge Auszubildende in bestimmten Disziplinen mehr wissen als ihre älteren Kolleginnen und Kollegen. Und diese offene Denkweise zahlt auf unsere Unternehmenswerte ein.“

 

Judith Richter, Head of Business Apprenticeship bei TRUMPF

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