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Athanassios Kaliudis

Interview: Mit KI programmieren sich Maschinen selbst

W as wird sich durch KI in der Industrie ändern? Ein Gespräch aus Entwicklersicht mit Christin Schäfer, KI-Expertin, und Torsten Kröger, Professor für Robotik am KIT.

KI in der Industrie wo stehen wir da zurzeit?

Schäfer: Die verschiedenen Technologien des maschinellen Lernens sind unglaublich mächtig. Vor allem da, wo Sensordaten verarbeitet werden können, zum Beispiel Bilddateien. Einzelne Unternehmen haben in einigen Bereichen Leuchttürme gesetzt, andere sind noch gar nicht gestartet. Das größte Potenzial sehe ich darin, Produktionsprozesse und Verwaltung zu verschlanken sowie neue Services und Produkte zu entwickeln. Langsam kommen datengetriebene Algorithmen auch direkt bei der Herstellung zum Einsatz.

Kröger: Bei motorischen Fähigkeiten – ein Roboter agiert selbstständig lernend im realen Raum – stecken wir noch in den Kinderschuhen. Bei allem, was Perzeption betrifft, also die Erkennung von Zuständen und Mustern, hat es in den letzten Jahren einen gewaltigen Sprung gegeben.

 

Welche Potenziale sehen Sie? 

Kröger: Viele automatische Systeme in den Werken sind ehrlich gesagt schlecht programmiert. Mit überwachtem maschinellen Lernen sehe ich zum Beispiel in der Automobilindustrie ganz klar ein Potenzial, sämtliche Produktionsprozesse spürbar zu beschleunigen, also effizienter zu machen. Das gilt übrigens genauso für kleinere Betriebe. Ein großes Hemmnis bei der Anschaffung von Maschinen und Robotern war für kleinere Betriebe stets das Programmieren. Das wird aktuell immer einfacher, auch durch KI-Unterstützung. Gerade in der Kleinserienfertigung senken Sie Ihre Betriebskosten gewaltig, wenn das Umprogrammieren einfach und schnell oder sogar automatisch geht.

 

Welche Stolpersteine gibt es noch?

Schäfer: Ich rate immer dazu, sich die Fragestellung, die man beantworten möchte, genau anzusehen. Im Moment konzentrieren sich viele Unternehmen auf tiefe neuronale Netze und wollen sie unbedingt anwenden. Das Problem an der Sache: Diese Methoden sind immens datenhungrig. Sie brauchen oft Abermillionen Daten, damit ein neuronales Netz daraus lernen kann. Diese Menge steht oft nicht zur Verfügung. Da sehe ich jetzt schon viele ernüchtert aufwachen und neuronale Netze als Unsinn verdammen, was absolut falsch wäre. Es gibt nach wie vor klassische statistische Methoden, mit denen Sie mit vergleichsweise wenig Aufwand große Effizienzgewinne erzielen können. Also, neuronale Netze: ja, unbedingt. Aber nur dort, wo es wirklich Sinn ergibt. 

Kröger: Das Problem sind tatsächlich die verfügbaren Daten, deren Qualität und der Aufwand, der erforderlich ist, um sie nutzbar zu machen.

 

Wie kann man das Datenproblem lösen?

Kröger: Durch Simulation. Gerade in der Industrie kann man ja nicht herkommen und erst mal ein paar Millionen Fehlteile produzieren lassen, bevor der Algorithmus weiß, was er machen muss. Es gibt ganz viele Prozesse in der Industrie, die man leicht simulieren kann. So entstehen synthetische Daten, mit denen wir Algorithmen trainieren.

Schäfer: Ein weiterer Ansatz ist Kooperation, also das Teilen von Daten zwischen Unternehmen. Ein Unternehmen allein produziert zu wenig Daten für ein neuronales Netz – alle Unternehmen einer Branche zusammengenommen aber schon deutlich mehr. Hier müssen sich die Firmen genau überlegen, wo ihr USP steckt. Wirklich in den Produktionsdaten? Ich glaube, in den meisten Fällen eben nicht. Wenn die Unternehmen bereit sind, sich beim Datenauswerten und Labeln zusammenzuschließen, werden sie immens von den Ergebnissen der KI profitieren.

Zehn Jahre vorausgeblickt: Was wird sich ändern?

Kröger: Wir werden schrittweise dorthin kommen, dass sich Maschinen selbst programmieren. Der Mensch sagt der Maschine dann einfach, welches Teil mit welchen Eigenschaften er braucht. Die Software konstruiert das Teil zu Ende und die Maschinen können sofort mit der Herstellung beginnen. Wir werden also einen viel höheren Automatisierungsgrad in den Fabriken haben als heute und enorm effizient fertigen können.

Schäfer: Ich erwarte immense Veränderungen in der Lieferkette. Und in der Auslastung der Werke. Es wird Plattformen geben, auf denen sich einzelne Maschinen und ganze Unternehmen automatisch und in Echtzeit mit ihren Kapazitäten melden und Aufträge erhalten. Eine lernende KI handhabt dann die Produktionsplanung, die Bestellung bei Zulieferern und die Logistik. Die Infrastruktur dafür gibt es jetzt schon. 

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Christin Schäfer

Die Statistikerin entwickelte KI-Lösungen für die Deutsche Bank, bevor sie 2016 ihre Firma acs plus gründete. Sie erarbeitet für Unternehmen unter anderem Anwendungen im Bereich des maschinellen Lernens und kooperiert hierfür auch mit TRUMPF. Seit 2018 ist Schäfer Mitglied der Datenethikkommission der deutschen Bundesregierung.

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Torsten Kröger

Kröger ist Professor für Intelligente Prozessautomation und Robotik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der Stanford-Universität. Er gründete ein Start-up für Robotik, das 2014 von Google übernommen wurde, und wirkte danach als Bereichsleiter für Robotersoftware für den Google-Mutterkonzern Alphabet. Kröger arbeitet seit 2018 mit TRUMPF bei KI-Lösungen zusammen.

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Quelle: TRUMPF / Kai R. Joachim
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