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Brandt_Stage
Daniel Kurr

Ein halbes Jahrhundert im Unternehmen: „TRUMPF ist meine zweite Heimat“

W enn Jürgen Brandt von seinem Berufsleben erzählt, jagt eine faszinierende Zahl die andere: 74 Prototypen, 18 Länder und über 20.000 Erinnerungsfotos. Kein Wunder, denn seine Karriere bei TRUMPF ist mit 50 Jahren halb so alt, wie das Unternehmen selbst. Ein Besuch bei einem, der die Maschinen des Hochtechnologieunternehmens kennt wie seine Westentasche.

Das große schwarze Rolltor ist etwa vier Meter breit und fünf Meter hoch. Wer im Entwicklungsgebäude von TRUMPF am Stammsitz in Ditzingen steht, kann es kaum übersehen. Neben dem Tor hängt ein kleines Kartenlesegerät. Hält ein TRUMPF Mitarbeiter seinen Betriebsausweis hin, ertönt bei fast allen der gleiche langanhaltende Piep-Ton. Wenn das Lesegerät rot blinkt, bedeutet das „Zugriff verweigert“. Ein Schild neben dem Tor gibt Aufklärung, warum hier für viele kein Durchkommen ist. „Versuchsbereich - Zutritt und Fotografieren verboten“ ist darauf zu lesen. Hier forscht TRUMPF an der Zukunft seiner Technologien.

Jetzt hilft nur ein Anruf bei Jürgen Brandt, um auf die andere Seite des Tors zu gelangen. Noch kaum ist der Hörer aufgelegt, schnallt das schwarze Tor nach oben. Dahinter erscheint eine große Halle mit etwa 25 TRUMPF Maschinen. Laserschneidanlagen, Schweißmaschinen, Biegezellen sind eher zu erahnen als zu sehen, denn die Mitarbeiter haben sie in ihre Einzelteile zerlegt. In allen Ecken wird geschraubt, montiert und ausprobiert. Jürgen Brandt strahlt und winkt herein, als wolle er sagen: „Auf, nur nicht schüchtern“.   

Front_door

Hier kennt er sich aus: Jürgen Brandt arbeitet seit 50 Jahren für TRUMPF, 40 Jahre davon im Versuchsbereich in Ditzingen.

TRUMPF Maschinen zum Leben erwecken

Hier im Versuchslabor und Prototypenbau von TRUMPF ist das Reich des 65-Jährigen. Und das seit fast fünf Jahrzehnten. „In diesem Jahr feiere ich meine 50-jährige Betriebszugehörigkeit“, sagt er stolz und blickt um sich: „Hier kenne ich jeden Zentimeter und noch wichtiger, jede einzelne Maschine“. Im September 1973 begann er bei TRUMPF seine Lehre als Werkzeugmacher. Seitdem hat es den Familienmensch nicht aus seiner Heimatstadt Ditzingen und schon gar nicht von „seinem TRUMPF“ weggetrieben. Jürgen Brandt lacht: „Meine Schulkameraden haben immer wieder ihre Arbeitgeber gewechselt. Vielleicht waren ihre Jobs einfach uninteressant. Bei mir war es immer abwechslungsreich. Ich hatte in all den Jahren keinen einzigen Tag Grund mich anderswo umzuschauen.“

Tüfteln, ausprobieren und einfach mal machen, das war Brandts Credo von Tag eins an. Der Versuchsbereich war und ist dafür genau der richtige Ort. Hierhin wechselte er direkt nach seiner Ausbildung, und arbeitete zunächst als Dreher und Fräser. Später wird er Meister, dann Teamleiter und heute ist er Koordinator für die Laserflachbettmaschinen. „Seit 1982 bis heute habe ich 74 TRUMPF Maschinen dabei geholfen, auf die Welt zu kommen“, erzählt Brandt und zeigt auf eine Excel-Liste, die er in seiner Hand hält. Auf dieser hat er genau dokumentiert, in welchem Jahr er und seine Kollegen an welcher Maschinenneuheit gearbeitet haben. Der erste hydraulische Stanzkopf, der erste CO2-Laser oder die erste Flachbettmaschine mit Festkörperlaser sind auf der Übersicht zu finden. „Heute gibt es keinen Maschinentyp bei TRUMPF, den ich noch nicht in den Fingern hatte“, freut sich der Jubilar. Er hat die Maschinen aufgebaut, erprobt, nach Fehlern gesucht, verbessert, neue Ideen eingebracht und sogar ein Patent angemeldet. Immer in enger Absprache mit den Entwicklern und Konstrukteuren, aber auch immer mit einem Auge für den Kunden und den Servicemitarbeiter. Jürgen Brandt braucht für seine Arbeit den Rundumblick.

Brandt_today

Wenn es an die Technik einer TRUMPF Maschine geht, ist Tüftler Jürgen Brandt in seinem Element.

Old_pictures

Schwelgen in alten Zeiten: In den vielen Jahren bei TRUMPF sind Tausende Erinnerungsfotos entstanden.

Close_up_picture

Jürgen Brandt blickt auf ein Foto aus dem Jahr 1985: Hier installiert er eine TRUMPF Maschine bei einem Kunden.

36 Gigabyte Erinnerungen

Mitten in der Versuchshalle steht ein rechteckiger Container mit Fenstern. Ein Blick durchs Glas verrät: Hier finden sonst Besprechungen statt. Der Raum ist nüchtern. Ein großer Tisch, ein Dutzend Stühle drumherum und ein fahrbarer Bildschirm an der Stirnseite. Auf dem Tisch hat Jürgen Brandt unzählige Fotos ausgelegt. Das ist seine Geschichte bei TRUMPF in Bildern. „Aber das ist nicht alles“, sagt er, klappt seinen Laptop auf und klickt sich durch einige Ordner mit Jahreszahlen: „Ich habe Fotos von meinen Prototypenbauten, meinen Auslandsaufenthalten und meinen Messeeinsätzen“, erzählt er. Das Laufwerk zeigt über 20.600 Dateien und 36 Gigabyte Daten an.  

Mit dem Werkzeugkoffer in der Welt unterwegs

Die Höhepunkte seiner Bildersammlung: Die Erinnerungen aus den 17 Ländern, in denen er für TRUMPF unterwegs war, darunter Australien, Südafrika, Singapur und die USA. „Eigentlich war mein Arbeitsplatz in der Versuchshalle in Ditzingen. Da ich die TRUMPF Maschinen aber so gut kannte, meldeten sich die Servicekollegen immer dann bei mir, wenn sie nicht mehr weiterwussten.“ Für ein Spezialgebiet war Jürgen Brandt besonders bekannt: Er war der Fachmann für Crashmaschinen. Wenn es irgendwo auf der Welt bei einer Maschine zu einer Kollision zwischen Blech und Schneidkopf kam, musste er ran. Manchmal auch zum Leidwesen seiner Chefs. „Die Servicemitarbeiter riefen mich an, sagten flapsig ‚Jürgen, du hast eine Reise gewonnen‘ und dann ging es für mich los. Oft wusste ich nicht mal genau wohin, ich bin einfach losgeflogen“, erinnert sich Brandt. So kam er um die halbe Welt.

Production

Eines der ältesten Bilder im Fundus von Jürgen Brandt: Der junge Fräser in der Fertigung im Jahr 1980.

Cooking

Stärkung gefällig: „Früher haben wir bei Messen am Stand tatsächlich für die Kollegen gekocht“, erinnert sich Jürgen Brandt (links) und lacht.

Working

Bei seinen Auslandseinsätzen kam Jürgen Brandt manchmal ganz schön ins Schwitzen – so auch in Singapur im Jahr 2005.

Summer_America

Jürgen Brandt (4.v.r.) ist begeisterter Schlagzeuger: Im Jahr 1981 besuchte er mit dem Musikverein Ditzingen die TRUMPF Tochtergesellschaft in den USA – ganz zur Freude des damaligen TRUMPF Chefs Berthold Leibinger (3.v.l.).

Abschied nehmen fällt schwer

Während Jürgen Brandt im Ausland das Abenteuer liebte, schätze er das gute Miteinander in der Heimat. „Ich erinnere mich noch gut, wie unser damaliger Chef Berthold Leibinger immer wieder bei mir am Arbeitsplatz vorbeigeschaut hat. Er wollte wissen, wann die nächste Maschine so weit ist, schließlich hing davon das Geschäft ab“, so Brandt. Bis heute ist er nicht müde sich jeden Tag neuen Herausforderungen zu widmen. „Für mich gibt es keine Probleme, sondern nur Dinge, die nicht 100 Prozent funktionieren. Ich bin ein Tüftler, der erst glücklich ist, wenn er die Lösung gefunden hat“, sagt er mit einem Schmunzeln. Er deutet auf eine Laserschneidanlage, die in der Versuchshalle steht. Hier optimiere er gerade den Lauf der Kabel für die neue Maschine. Wahrscheinlich ist das einer seiner letzten Projekte. Im Oktober ist dann Ruhestand angesagt.

„Natürlich freue ich mich darauf, irgendwann ist auch mal gut. Ich habe fünf Enkelkinder, spiele leidenschaftlich Schlagzeug und bastle auch zu Hause gern. Aber TRUMPF ist meine zweite Heimat. Ich lebe für TRUMPF“, sagt er sichtlich gerührt und grinst: „Ich kenne es ja gar nicht anders, wie jeden Tag mit dem Fahrrad zu TRUMPF zu fahren.“ Er packt seinen Stoß Bilder auf dem Tisch zusammen, klickt die Bilder am Laptop weg und läuft Richtung schwarzes Rolltor. Er drückt den Toröffner, das schwarze Rolltor schnallt nach oben. Brandt läuft hindurch und sagt: „Manchmal hätte ich die Zeit hier noch mehr genießen sollen.“ Nach wenigen Sekunden ein dumpfes Geräusch: Das schwarze Rolltor schließt sich hinter Jürgen Brandt. Und die Versuchshalle ist wieder verschlossen.

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