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Swagatika Patra

Schifffahrt: Schädlinge schonend bekämpfen

S eepocke, Entenmuschel und Schiffsbohrwurm sind die wahren Schrecken der Seefahrt. Sie verursachen zum Beispiel Risse am Schiffsrumpf oder steigern den Treibstoffverbrauch. Unsere Autorin Swagatika Patra forscht daran, sie giftfrei zu bekämpfen.

Oberflächen, die Wasser ausgesetzt sind, werden in Windeseile von Bakterien besiedelt. Diese ziehen wiederum einzellige Algen, Kleinsttiere oder Pilze an, die bald einen Schleimfilm bilden. Auf dem Schleim setzen sich sessile Krebstiere wie Seepocken oder Entenmuscheln fest, Algen, Seeanemonen und Weichkorallen. Dieser Bewuchs – Biofouling genannt – führt bei Schiffen zu einem erheblichen Anstieg des Treibstoffverbrauchs durch den höheren Strömungswiderstand. Außerdem führt die Adhäsion von Mikroorganismen zu einem Biokorrosionsprozess, der die Festigkeit des Schiffsrumpfes verringert oder sogar Risse verursacht, die eine kostspielige Reparatur nötig machen. Die Probleme durch Bewuchs betreffen nicht nur Schiffe, sondern auch andere permanent im Wasser liegende Strukturen wie etwa Brückenpfeiler, Kais, Bojen und Offshoreanlagen. Die jährlichen Kosten durch Stillstand und erhöhten Wartungsbedarf werden allein in der Schifffahrt auf rund 200 Milliarden US-Dollar beziffert.

Struktur statt Gift

Ziel unserer Forschung ist es, die Biofouling-Prozesse von Anfang an zu unterbinden – auf umweltfreundliche Art. Denn bislang behelfen sich die Reeder meist mit Bioziden wie beispielsweise Dikupferoxid oder Zinkpyrithion. Diese Substanzen sind allerdings kaum abbaubar und stellen eine erhebliche Bedrohung für Wasserorganismen dar. Nichttoxische Beschichtungen reiben sich mit der Zeit ab und belasten ebenfalls den aquatischen Lebensraum. Die amerikanische Umweltschutzbehörde EPA hat sie mittlerweile verboten. Unsere Grundidee hingegen ist es, die Oberflächenstruktur im Mikro- und Nanobereich so zu modifizieren, dass kleine Organismen erst gar nicht mehr anhaften können. Ausgangspunkt unserer Überlegungen waren zwei berühmte Beispiele aus der Natur: Haifischhaut und Lotosblatt. Lotosblätter sind bekannt für ihre Selbstreinigung. Sie verfügen über eine superhydrophobe Oberfläche. Der Selbstreinigungseffekt entsteht dadurch, dass das Wasser abperlt und in seiner gleitenden Bewegung sämtliche Verunreinigungen an der Oberfläche mitnimmt. Auch für Antibiofouling-Oberflächen ist das ein Ansatzpunkt. Die Haut des Haifisches hingegen hat man bislang vor allem wegen ihrer günstigen Hydrodynamik untersucht. Für unsere Zwecke interessanter ist, dass ihre Oberflächentopografie es Mikroorganismen nicht erlaubt, sich anzuhaften.

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Seepocken (Balandiae) sind Rankenfüßer, die zur Gruppe der Krebstiere gehören. Die sessilen Tiere leben vor allem in Küstengewässern, manche Arten auch in tieferen Regionen. Mit ihren Borsten fischen sie nach Mikroorganismen und Schwebteilchen.

 – Jürgen Willbarth / Die Illustratoren
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Entenmuscheln (Pedunculata) sind sessile Rankenfußkrebse. Sie siedeln meist auf Felsen und Treibgut. Auf ihrem muskulösen Stiel sitzt ein muschelförmiger Kopf. Sie ernähren sich von Plankton, das sie mit ihren Cirren aus dem Wasser filtrieren.

 – Jürgen Willbarth / Die Illustratoren
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Schiffsbohrwürmer (Teredo navalis) sind eine Muschel-Art. Der Weichkörper bildet eine Wohnröhre aus Kalk, während er tiefer ins Holz wächst. Er lebt vorzugsweise in warmen Gewässern und ernährt sich, indem er Holzzellulose in Zucker umwandelt.

 – Jürgen Willbarth / Die Illustratoren

Tropfen vermessen

Nachdem Ziel und Vorbild klar waren, gingen wir folgendermaßen vor: Wir untersuchten, wie sich Mikrostrukturen auf der Oberfläche auf deren Hydrophobie auswirken. Dazu brachten wir mittels Pikosekundenlaserpulsen ein mikroskaliges Muster ein. Unser Ziel war es, die Antifouling-Wirksamkeit von Oberflächenstrukturen vorherzusagen. Dafür verglichen wir verschiedene Muster. Wichtig zum Verständnis der Adhäsionsrate von Mikroorganismen ist zum einen der sogenannte Engineered Roughness Index (ERI) und zum anderen der Kontaktwinkel. Der Rauigkeitsindex ERI wurde eingeführt, um den Zusammenhang zwischen der Ansiedlung von Mikroorganismen im Hinblick auf die Benetzbarkeit mikrostrukturierter Oberflächentopografien zu verdeutlichen. Der ERI ist ein dimensionsloser Wert, der berechnet wird aus dem Produkt des sogenannten Wenzel-Rauheitsfaktors (r) und dem Verhältnis von Freiheitsgrad des Musters (df) zum Flächenanteil (fD).
Als Kontaktwinkel bezeichnen wir den Winkel, den ein Wassertropfen auf der Oberfläche eines Feststoffes zu dieser Oberfläche bildet. Er charakterisiert die hydrophobe beziehungsweise hydrophile Natur der Oberfläche. Je höher die Hydrophobie, desto geringer ist die Adhäsion von Mikroorganismen. Eine Oberfläche ist hydrophob, wenn der Kontaktwinkel zwischen 90 und 180 Grad liegt. Hier liegt der Wassertropfen dann nicht relativ flach auf dem Material auf, sondern sieht eher wie ein Luftballon aus. Ist der Kontaktwinkel höher als 150 Grad, spricht man, wie beim Lotosblatt, von einer superhydrophoben Oberfläche.
 

Topografie gegen Bewuchs

Die Muster brachten wir per Laserpulse auf eine Oberfläche aus Polymethylmethacrylat (PMMA) ein. Wir untersuchten die Muster mit einem Rasterelektronenmikroskop, um die Schnittbreite und den Abstand der Oberflächenmerkmale zu prüfen. Es stellte sich heraus, dass ein kreisförmiges Muster mit zwei Schraffuren – kleine, quadratische Säulen und miteinander verbundene Vertiefungen – in der Größe zwischen 100 und 200 Mikrometern die gewünschte Eigenschaft besitzt. Diese topologische Struktur führt zu einer dramatischen Veränderung der Hydrophobie. Sie vergrößert den Kontaktwinkel eines fünf Milliliter großen Wassertropfens für eine glatte Fläche von 70 auf 113 Grad. Gleichzeitig erhöht sich der ERI-Wert der Oberfläche von 0 auf 1,13. Das bedeutet, dass der Adhäsionsgrad von Mikroorganismen ebenfalls stark abnimmt und wir hier eine wirksame Antifouling-Anwendung entdeckt haben. In künftigen Arbeiten werden wir neue Muster oder technische Merkmale auf verschiedenen Materialoberflächen ausprobieren, um
das am besten geeignete Muster und den Weg in die reale Anwendung
zu finden. Außerdem wird es letztlich auch darum gehen, wirtschaftliche Verfahren zu finden, die Mikrostrukturen großflächig auf Schiffswände zu bringen.
 

SWAGATIKA PATRA forscht gemeinsam mit Raghabendra Rout an der texanischen Lamar-Universität, gefördert von Prof. Xinyu Liu. Ihr Ziel ist es, mithilfe von UKP-Lasern Biofouling giftfrei zu bekämpfen.

 

 

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