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Christof Siebert

Es ist wieder Gründerzeit

D ie Technik mit dem Licht verändert gerade alle Branchen, ob Luftfahrt, Medizin, Automotive, Wissenschaft, Biologie oder Elektronik. Solche Umwälzungsprozesse bieten ideale Bedingungen für Gründer mit der einen, zündenden Idee.

Disruptive Technologie – das Schlagwort leuchtet derzeit auf allen Bildschirmen. Als eine der disruptiven Technologien unserer Zeit sehen Branchenkenner und Wirtschaftsexperten die Photonik im Allgemeinen und Lasertechnik im Besonderen – eine Technologie, die sich auf alle unsere Lebensbereiche heftig auswirken wird. Diese Umwälzung wird auch politisch schon seit Jahren kräftig gefördert. Bereits 2005 rief die Europäische Union die Photonics21 ins Leben, einen Verband von Industrie und organisierter Forschung. 2012 zog US-Präsident Barack Obama nach und begründete die National Photonics Initiative, in der sich die wichtigsten Institute und Branchenverbände zusammenschlossen. Das erklärte Ziel beider Bündnisse lautet: Vorreiter sein in dieser Zukunftstechnologie.

Die Technik mit dem Licht verändert gerade alle Branchen, ob Luftfahrt, Medizin, Automotive, Wissenschaft, Biologie oder Elektronik. Solche Umwälzungsprozesse bieten ideale Bedingungen für Gründer mit der einen, zündenden Idee. Und tatsächlich: Auf allen Kontinenten starten zurzeit junge Frauen und Männer Unternehmen, die auf Laserlicht basieren. Für die eigentlich noch junge Lasertechnik bedeutet das bereits die zweite große Gründerwelle innerhalb von nur 60 Jahren.

Der erste Goldrausch

An einer Legende der Laserwelt zeigt sich die Geschichte der Branche. USA, 1961: Eugene Watson gründet in Kalifornien sein erstes Unternehmen – Quanta-Ray, der älteste Laserhersteller, der heute noch am Markt ist. Nur fünf Jahre später schlägt er wieder zu und ruft weitere Photonikunternehmen ins Leben. Einer seiner ersten Laser wird in einer Waschküche zusammengebaut. Mit seinem kongenialen Lebensfreund Earl Bell erkennt Watson früh, dass sich Laser mit einer bestimmten Durchschnittsleistung zur Materialbearbeitung eignen würden.

Gleich nachdem der erste CO2-Laser erfunden wird, der die entsprechende Leistung bietet, sehen die beiden ihre Stunde gekommen. Boeing nutzt jetzt CO2-Laser zum Schneiden und Schweißen von Titan. Damit gehört Eugene Watson zur ersten Gründergeneration in der Lasertechnik: Die Herstellung von Laserstrahlquellen zu Forschungszwecken ist bereits in Schwung, als Erfinder und Entwickler mit Unternehmergeist sehen, dass in der Lasermaterialbearbeitung viel Geld steckt.

Westdeutschland, 1974: Jürgen Held kommt auf die Idee, mit Lasern seinen Lebensunterhalt als Unternehmer zu verdienen. Schon ein Jahr später verkauft seine Firma Held Systems ein erstes industrielles Laseraggregat mit 200 Watt Leistung zum Ziehen von Glasfasern. Später, als dann die ersten industrietauglichen Hochleistungslaser auf den Markt kommen, konzentriert sich Held Systems auf den Bau von Laser-Sondermaschinen und prosperiert damit bis heute.

Doch so richtig bricht der erste Goldrausch der Lasertechnik dann in den 1980ern und 90ern aus. Die neuen Laserwerkzeugmaschinen revolutionieren vor allem die verarbeitende Industrie. Deutschland, 1992: Bernhard Lang steigt mit eigenen Lasermaschinen in die Bearbeitung von Verpackungsmaterialien ein mit seinem Unternehmen Lang Laser-System. 1995: Thomas Kimmes Lohnfertigerbetrieb verdient sein Geld mit Laserauftragschweißen. Heute stellt Laservorm auch seine eigenen Laserbearbeitungsmaschinen her. 1999: Erhard Hujer gründet einen Job-Shop für 2D- und 3D-Lasermaterialbearbeitung und zieht seither alle paar Jahre einen neuen Standort hoch.

Die Gründer sind meist praktische Leute – Techniker und Ingenieure aus der Fertigung –, die auch ohne vertieftes Laserwissen erkennen, wie sehr Laserschneiden und -schweißen die Blechfertigung verändern. Zu dieser Gründerwelle gehören auch Integratoren, die sich tief in die Lasertechnik bohren und Verfahren und Maschinen für Materialbearbeitung entwickeln.

USA, 1997: Mark Plasse ruft den Job-Shop und Integrator Litron ins Leben. Heute ist Litron der führende US-Anbieter von Hochleistungslasern zum Laserschneiden und absolut dichten Laserschweißen für Medizin und Luft- und Raumfahrt. Niederlande, 1999: Martin Langkamp gründet das Unternehmen IMS aus Texas Instruments heraus und stellt seither Laserfertigungsanlagen für Mikrobearbeitung in der Medizintechnik und Elektronikindustrie her.

Doch so richtig bricht der erste Goldrausch der Lasertechnik dann in den 1980ern und 90ern aus. Die neuen Laserwerkzeugmaschinen revolutionieren vor allem die verarbeitende Industrie. Deutschland, 1992: Bernhard Lang steigt mit eigenen Lasermaschinen in die Bearbeitung von Verpackungsmaterialien ein mit seinem Unternehmen Lang Laser-System. 1995: Thomas Kimmes Lohnfertigerbetrieb verdient sein Geld mit Laserauftragschweißen. Heute stellt Laservorm auch seine eigenen Laserbearbeitungsmaschinen her. 1999: Erhard Hujer gründet einen Job-Shop für 2D- und 3D-Lasermaterialbearbeitung und zieht seither alle paar Jahre einen neuen Standort hoch.

Die Gründer sind meist praktische Leute – Techniker und Ingenieure aus der Fertigung –, die auch ohne vertieftes Laserwissen erkennen, wie sehr Laserschneiden und -schweißen die Blechfertigung verändern. Zu dieser Gründerwelle gehören auch Integratoren, die sich tief in die Lasertechnik bohren und Verfahren und Maschinen für Materialbearbeitung entwickeln.

USA, 1997: Mark Plasse ruft den Job-Shop und Integrator Litron ins Leben. Heute ist Litron der führende US-Anbieter von Hochleistungslasern zum Laserschneiden und absolut dichten Laserschweißen für Medizin und Luft- und Raumfahrt. Niederlande, 1999: Martin Langkamp gründet das Unternehmen IMS aus Texas Instruments heraus und stellt seither Laserfertigungsanlagen für Mikrobearbeitung in der Medizintechnik und Elektronikindustrie her.

Jetzt kommt die zweite Welle

Auch heute erweist sich die Lasertechnik wieder als Unternehmensgenerator. Österreich, 2012: Balthasar Fischer hat eine fixe Idee: Der gelernte Physiker und Tontechniker will ein Mikrofon bauen, das komplett ohne bewegliche Teile, also ohne Membran auskommt. Denn ihn nervt, dass Windgeräusche, Strömungsgeräusche unter Wasser, Vibrationen oder Nachschwingungen der Membran die Schallmessung stören. Seine Lösung lautet, Schallwellen direkt mittels Lichtintensität in einem Laserstrahl zu detektieren – eine Weltneuheit. Fischer gründet seine Firma Xarion aus der Universität heraus. Damit ist er ein gutes Beispiel für die zweite große Gründerwelle, die gerade anläuft: Oft beginnt es in den Forschungsinstituten.

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Seine Erfindung hat Balthasar Fischer zum Firmenchef gemacht.

Bild: Michael Mazohl

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Prof. Cather Simpson auf einer Weide nahe Auckland.

Bild: Alex Wallace

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2007 machte sich Phil Carroll als freier Ingenieur selbstständig. 2012 beschloss er, Leute einzustellen und ins Pulvergeschäft einzusteigen. Heute hat sein Unternehmen 75 Mitarbeiter an fünf Standorten.

Bild: Paul Cooper

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Das 3D-Druck-Verfahren erlaubte es den jungen Ingenieuren von UrbanAlps, die Form von Schlüsseln völlig neu zu denken.

Je besser die Wissenschaft das Laserlicht und seine Wirkungsmechanismen versteht, desto mehr Anwendungsideen und damit Unternehmensideen entstehen daraus. Die neuen Gründer sind – analog zu den berühmten Stanford-Boys im Silicon Valley – oft Postgraduates und Postdocs, die aus ihrer Forschungsarbeit eine Vermarktungsidee ableiten. Und Wagniskapitalgeber sind gerne bereit, hier eine lohnende Investition zu tätigen. Da die Ideen aus der freien Forschung kommen und nicht aus einem engen Anwenderproblem heraus entstehen, sind sie so vielgestaltig wie nie.

Neuseeland, 2015: Cather Simpson ist Universitätsprofessorin für physikalische Chemie und Expertin für Lasertechnologie auf diesem Feld. Als sie von dem Problem der Geschlechterwahl bei Milchkühen erfährt, kommt ihr sofort in den Sinn, hier den Laser zur Lösung einzusetzen. Heute verfügt ihr Start-up Engender über eine funktionierende Spermiensortiermaschine, die kurz vor der Markteinführung steht.

Digitale Photonik

Mit Photonik und Digitalisierung kommen zwei große technische Trends zusammen und verstärken einander – ja: brauchen einander. Viele Beobachter aus Presse und Wirtschaft halten vor allem die Digitalisierung der Produktion für die disruptive Technologie unserer Zeit: Industrie 4.0 und intelligente Produktion. Das ist sicher richtig – und stimmt doch nur zum Teil. Denn die durchdigitalisierte Fabrik braucht am Ende ja doch noch ein Werkzeug, das die Operationen wie gewünscht am Werkstück umsetzen kann: automatisiert, schnell, direkt und flexibel. Das ist Licht. Es ist körperlos, lässt sich in Echtzeit von Programmzeilen formen und von Datensatz zu Datensatz ändern und anpassen. Das Laserlicht ist die perfekte Brücke von der digitalen in die physische Welt. Besonders augenfällig wird das bei der additiven Fertigung.

Schweiz, 2016: Das Start-up Urban Alps zum Beispiel denkt das Konzept „Schlüssel“ ganz neu und fügt ihm eine hohle Innenstruktur hinzu, die den Schlüssel absolut fälschungssicher macht. Möglich ist die Herstellung nur durch laserbasierten 3D-Druck. Man sagt ja, Daten seien das Gold der Zukunft. Dabei sind sie eher die Waschpfannen. Denn letzten Endes wird es sehr oft darum gehen, mithilfe der Datenströme echte Dinge zum Anfassen zu erzeugen, sie zu bewegen oder zu verändern. Ein weiterer Untertrend der digitalisierten Photonik ist die Automation. Auch darauf setzen manche Gründer. Deutschland, 2011: Walter Sticht will es mit 64 Jahren noch einmal wissen: Er verkauft seine alte Firma und fängt neu an. Seine Idee: ultraschnelle Automation für flexible Kleinserienfertigung – natürlich mit Laser.

Alle machen mit

Jörg Jetter geht völlig anders an die Sache heran. Deutschland, 2006: Der Betriebswirt sagt sich nach dem Studium: Ich will eine Firma! Also sucht er nach einer lohnenden Technologie, mit der er ein Unternehmen aufbauen kann. Er analysiert Märkte und potenzielle Nachfrage und gründet seine Firma 4 Jet. Die Idee: Lasermaschinen, die Oberflächen abtragen, für den Massenmarkt zu bauen. Schnell ergeben sich mehrere Anwendungsbereiche: Die 4 Jet-Maschinen verdampfen Gummireste in Reifenformen und entschichten Solarzellen.

Diese selbstverständliche Offenheit, den Laser als Problemlöser zu sehen, bereichert die Lasertechnik ungemein und weitet das Spektrum des Denkbaren. Viele neue Gründungsimpulse kommen aus ganz anderen Branchen heraus und verleihen der neuen Welle noch ein bisschen Extrawucht. Lasertechnik ist bekannt und emanzipiert. Kein vernünftiger Produktentwickler muss heute noch daran erinnert werden, dass ihm oder ihr auch Laserlicht als Werkzeug zur Verfügung steht.

Egal, welches Produkt man im Sinn hat, es wird fast immer ergiebig sein, den Laser an seiner Entstehung zu beteiligen. Zudem ergeben sich um die neuen laserbasierten Technologien herum immer neue Lücken, die clevere Ingenieure erkennen und daraus ein Business machen können. Ein Nebenresultat der 3D-Druck-Welle ist etwa der gewaltige Bedarf an qualitativ hochwertigem Metallpulver. Das Einmannunternehmen LPW Technology nimmt diese Herausforderung an. Großbritannien, 2012: Phil Carroll stellt Leute ein und forscht mit ihnen ein Jahr lang über Metallpulverherstellung, bevor er das erste Gramm verkauft. Heute beliefert er die anspruchsvollsten Kunden aus der Luftfahrtindustrie und Medizintechnik.

Laser sind cool

Und schließlich gibt es da noch einen Grund für die neue Gründerwelle, der sich weniger gut fassen lässt, dafür umso stärker wirkt: Laser sind cool ! Sie regen die Fantasie Hunderttausender kluger Menschen an. Kein Ingenieur, keine Wissenschaftlerin, die in jungen Jahren nicht gerne Science-Fiction geschmökert oder im Fernsehen geschaut hätten. Laserstrahlen gab es da schon, lange bevor sie Realität wurden. Auch deswegen sind sie der Inbegriff von Zukunftstechnologie. Das ist mehr als nur eine gefühlte Wahrheit. Die ganz großen Visionen enthalten immer öfter Licht und Laser: Sternsonden, Weltraumaufzüge, Wettermanipulation, E-Mobilität, die Fabrik der Zukunft, Krebstherapie. Photonik hat einen fetten Stempel und auf dem steht „Zukunft“.

Unterm Strich gilt für alle, die heute ein Business gründen wollen: Wer auf der Suche nach einer Idee ist, die sich nicht in Software-Zeilen erschöpft, sollte sich anschauen, was man mit Lasern machen kann. Oder sich genau überlegen, was Leute brauchen, die mit Lasern arbeiten. Oder nachdenken, was man mit Lasern tun kann für Leute, die etwas Neues vorhaben – oder einfach nur die Welt retten wollen.

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Gründerzeiten – einige von unglaublich vielen

1961: Eugene Watson gründet in Kalifornien Quanta-Ray. Das Unternehmen ist der älteste Laserhersteller, der heute noch am Markt ist.

1975: Jürgen Helds Firma Held Systems verkauft ein erstes industrielles Laseraggregat mit 200 Watt Leistung zum Ziehen von Glasfasern.

1992: Bernhard Lang steigt mit eigenen Lasermaschinen in die Bearbeitung von Verpackungs¬materialien ein.

1995: Thomas Kimmes Lohnfertigerbetrieb Laservorm verdient sein Geld mit Laserauftragschweißen.

1997: Mark Plasse ruft den Job-Shop und Integrator Litron ins Leben. Heute ist Litron der führende US-Anbieter von Hochleistungslasern zum Laserschneiden.

1999: Erhard Hujer gründet einen Job-Shop für 2D- und 3D-Lasermaterialbearbeitung und Martin Langkamp das Unternehmen IMS, das Laserfertigungsanlagen für Mikrobearbeitung in der Medizintechnik und Elektronikindustrie herstellt.

2006: Jörg Jetter gründet seine Firma 4 Jet, die Lasermaschinen zum Abtragen von Oberflächen herstellt.

2012: Balthasar Fischer gründet die XARION Laser Acoustics GmbH und Phil Caroll LPW Technology.

2015: Cather Simpson entwickelt mit ihrem Start-up Engender eine funktionierende Spermien¬sortiermaschine.

2016: UrbanAlps stellt Schlüssel mit dem 3D-Druck-Verfahren her. 

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