Länder-/Regionen- und Sprachauswahl

Mission „Tiefer Blick“

Die E-Mobilität braucht schnelle und zuverlässige Laserverfahren, um massenhaft und günstig zu produzieren: Hochexaktes Highspeed-Schweißen von Kupferverbindungen mit grünem Laserlicht ist eine der Schlüsselanwendungen. Das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT und TRUMPF tun sich zusammen, um das Laserschweißen so tief zu erforschen, wie zuvor noch niemand. Gemeinsam bereiten sie eine Versuchsreihe vor, bei der sie mit speziellem Röntgenlicht in das Innere des Prozesses schauen. Röntgenlicht in der dafür notwendigen Qualität gibt es aber nur an wenigen Orten der Welt, denn man braucht einen Teilchenbeschleuniger mit kilometerlangen Röhren dafür. Einer dieser Orte ist das Deutsche Elektronen-Synchrotron DESY in Hamburg. Dort dürfen inzwischen nicht mehr nur Naturwissenschaftler Grundlagenforschung betreiben, sondern auch industrienahe Teams. Das Fraunhofer ILT und TRUMPF sind eine der ersten, die sich in die Labore einmieten. Zwei ganze Jahr dauert die penible Vorbereitung auf die drei entscheidenden Experimentiertage am DESY. Doch der Aufwand lohnt sich. Das Team findet ganz neue, überraschende Parameterkombinationen, mit denen ab sofort Laseranlagen im Optimum aus Geschwindigkeit und Genauigkeit schweißen.

Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT

www.ilt.fraunhofer.de

Das Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT in Aachen gehört zu den weltweit führenden Weiterentwicklern der Lasertechnologie. Gemeinsam mit Partnern aus der Industrie forscht das ILT praxisnah an neuen Fertigungsaufgaben und technischen Komponenten. Außerdem zählen Unternehmensberatung sowie die Ausbildung hochspezialisierter Fachkräfte zu seinen Aufgaben. Das ILT ist eine rechtlich nicht selbständige Einrichtung der Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V.

Branche
Vertragsforschung
Mitarbeiterzahl
481
Standort
Aachen (Deutschland)

Herausforderungen

Eins der Dinge, die das Team aus ILT und TRUMPF unterm hochbrillanten Röntgenlicht unter die Lupe nehmen wollen, ist das Schweißen von Metall-Keramik-Substraten (MKS). Diese MKS verbinden elektronische Bauteile in einer Hochvolt-Umgebung, wie etwa der Leistungselektronik eines E-Autos. Auf einer isolierenden Platte Keramik ist eine hauchdünne Schicht Kupfer aufgebracht. Die Autohersteller wollen zur Kontaktierung per grünem Laser ein weiteres Kupferbauteil auf das MKS schweißen. Es geht also um eine Verbindung Kupfer auf Kupfer. Die Frage ist nun: Wie kriegt man im Schweißprozess alles ins Optimum gerückt? Die Kupferplatten sollen so dünn wie möglich sein, der Prozess rasend schnell, die Naht soll hundertprozentig halten und die Keramik darf nicht vom Laser beeinflusst werden. Oder kurz: Wie findet man die perfekte Lasereinstellung für den produktivsten Prozess?

Wenige Wochen nach den Versuchen übertragen wir die Resultate schon auf die Praxis. So finden wir für unsere Kunden die schnellsten und besten Laserschweißprozesse für Kupferverbindungen aller Art.

Dr. Mauritz Möller
Branchenmanagement Automobil bei TRUMPF

Lösungen

Gemeinsam beschließen Fraunhofer ILT und TRUMPF eine ungewöhnlich aufwendige Klärung des Problems: Sie wollen gestochen scharfe Röntgenvideos des laufenden Laserprozesses sehen und mit sämtlichen Analysetools und den eigenen Augen sehen, welche Auswirkungen kleinste Veränderungen an Laserparametern auf Einschweißtiefe, Porenbildung und Spritzerbildung haben. Das ist in Deutschland nur möglich am Elektronen-Synchrotron DESY, wo normalerweise naturwissenschaftliche Grundlagenforschung betrieben wird. Als eines der ersten Industrieprojekte ergattern das ILT und TRUMPF einen Platz in einem der dortigen Labors, wo solche Röntgenvideos möglich sind.

 

Umsetzung

Drei Tage Laborarbeit am DESY sind gebucht – die Vorbereitung darauf dauert zwei ganze Jahre: Das Team entwickelt eine Prüfmethodik und definiert die genauen, wissenschaftlichen Fragestellungen. Ganz wichtig ist es ihnen, schon im Vorfeld einen genauen Plan zu schmieden, wie die Erkenntnisse später in konkrete industrielle Anwendungen umzusetzen sind. Im Dezember 2022 ist es so weit: Beide Teams packen Lasertechnik, Optiken und weitere Technik ein und treffen sich am DESY. Im dortigen Labor an der Beamline P07 bauen die Teams den Scheibenlaser TruDisk 2021 für das grüne Laserlicht und die Versuchsanordnung auf: Das Röntgenlicht fällt von der Seite auf die Probe und nimmt die Bildfolgen im Inneren auf, ein Laser schweißt von oben, ein Roboter wechselt die Proben, damit es schneller geht. Jetzt heißt es, die drei Tage gut nutzen. Im Schichtsystem werden rund um die Uhr die vorbereiteten Tests gefahren. Cola und Chips helfen den Wissenschaftlern, das mit Konzentration durchzustehen. Allein auf das MKS entfallen über einhundert experimentelle Durchgänge.

Ausblick

Die Daten über Einschweißpräzision, Schweißgeschwindigkeiten und so weiter entstehen terawattweise. Schon am DESY fangen die Wissenschaftler von ILT und TRUMPF an, die ersten Eindrücke zu analysieren. Aber die Hauptarbeit der Auswertung geht freilich erst in den Wochen nach den DESY-Experimenten los. In Aachen beim ILT und in Ditzingen bei TRUMPF beugt man sich über die Tabellen, Videos und Sensordaten. Dank der exakten Planung ist schon rasch danach klar, wie in naher Zukunft das in jeder Hinsicht optimierte Laserschweißen etwa von MKS in der Leistungselektronik für E-Mobilität aussehen wird. Die Autohersteller warten schon.