Serienfertigung funktioniert ohne Experten wie Daniel Weller und seine Kollegen bei der ElringKlinger AG nicht. Sie entwickeln und testen an einer Vorserienmaschine alle Fertigungsprozesse, und müssen diese dann fehlerfrei und 100-prozentig reproduzierbar auf die Fertigungslinien weltweit an einem der 40 Standorte von ElringKlinger übertragen. Ihre Arbeit ist unerlässlich, aber teuer: Jeder Tag Entwicklungsarbeit kostet Geld, das erst fließt, wenn die Serie läuft. Weller und sein Team müssen daher die sogenannte Ramp-up-Phase für die Fertigungslinien so kurz wie möglich halten. Da ist jedes Tool willkommen, das Tempo in die Entwicklung bringt. Weller ist daher ganz Ohr, als er bei einem Besuch im TRUMPF Laser Applikationszentrum von EasyModel AI hört.
„Der KI-basierte Programmierassistent war damals noch im letzten Entwicklungsschritt, aber mir war klar, dass er für uns interessant sein könnte“, erinnert sich Weller, Fachexperte für Fügetechnologie im Geschäftsbereich Battery Technology bei ElringKlinger. Und wie es manchmal so ist: Kurz darauf erhält ElringKlinger den Auftrag für die Serienproduktion eines innovativen Zellkontaktiersystems, für das sich der Einsatz von EasyModel AI geradezu anbietet.
Intelligente Lösung für komplexe Anforderungen
Die ElringKlinger AG ist ein weltweit aufgestellter, unabhängiger Zulieferer der Automobilindustrie. Das Unternehmen liefert innovative Lösungen für alle Antriebsarten – sowohl für Pkw als auch für Nutzfahrzeuge. Für den Elektroantrieb beispielsweise fertigt ElringKlinger seit Jahren Zellkontaktiersysteme (ZKS). Diese wichtige Komponente für E-Fahrzeug-Batteriepacks verbindet die einzelnen Batteriezellen zu einer Einheit und schafft so die Voraussetzung für die elektrische Leistungsübertragung von Batterie zu Verbraucher. Das ZKS gibt außerdem Messdaten zum Spannungszustand und der Temperatur über Leiterbahnen an das Batterie-Management-System weiter. Bei der Serienfertigung dieser wichtigen Komponente gilt die Null-Fehler-Strategie. Bisher waren in der Regel Modul-to-Pack-Batteriepack-Designs gängig. Hier werden Batteriezellen zunächst zu Modulen zusammengefasst und in ein Batteriegehäuse integriert. Die dafür notwendigen ZKS sind circa 600 Millimeter lang und haben zwischen 10 und 20 Schweißpunkt-Positionen, die der Laser in der Serienfertigung erkennen und hochpräzise fügen muss.
„Die Anforderungen haben sich inzwischen weiterentwickelt“, berichtet Weller und erklärt: „In der kommenden Fahrzeuggeneration werden Cell-to-Chassis-Designs verwendet, bei der die Batteriezellen direkt in das Batteriegehäuse eingesetzt werden, statt in mehrere Module aufgeteilt. Die Batterie ist kein eigenes Bauteil, das an der Karosserie befestigt wird, sondern es ist Teil der Karosserie und bildet den Unterboden des Fahrzeugs. Das spart Platz und Gewicht, erhöht die Energiedichte und vereinfacht die Konstruktion. Es erfordert jedoch eine präzisere Fertigung der Komponenten.“ Hier kommen ZKS mit rund 50 Schweißpunkten zum Einsatz, wobei das Produkt annähernd zwei Meter lang, aber lediglich 20 Millimeter dick ist. „Dafür einen stabilen und effizienten Serienfertigungsprozess mit kurzen Taktzeiten zu entwickeln, ist keine Kleinigkeit“, so Weller.
Einfach und standardisiert Detektieren
Bisher verwendete die ElringKlinger AG die TRUMPF Bildverarbeitung VisionLine Detect mit einer positionsabhängigen Belichtungseinstellung. Damit ließen sich durch gezieltes Variieren der Belichtungseinstellung die einzelnen Positionen detektieren. Der Vorgang musste jedoch individuell und in Abhängigkeit der Position innerhalb des Bearbeitungsfeldes durchgeführt werden, um die positionsabhängige Reflektion der Bauteiloberfläche auszugleichen. Dies ist ein zeitaufwendiger iterativer Prozess, der von vielen Faktoren abhängig sein kann und individuell pro Bauteilposition durchgeführt werden muss. „Durch die von EasyModel AI erzeugten Modelle und die daraus resultierenden Filter wurde aus diesem starken manuellen Anpassen der Prozesse ein einfacher Standardablauf“, sagt Weller.
Ohne Programmierkenntnisse zum optimalen Ergebnis
EasyModel AI ist ein Zero-Code-Programmierassistent, mit dem auch Anwender ohne Programmierkenntnisse passgenaue, bildbasierte KI-Modelle erstellen und trainieren können. „Wir machen wie bisher mittels VisionLine Detect Bildaufnahmen der Bauteilbereiche, an denen sich Schweißpunkte befinden. Diese laden wir per Drag and Drop in das Tool EasyModel AI, das über MyTRUMPF erreicht werden kann“, erklärt Weller. Nach dem Anlegen eines Projekts markieren er und seine Kollegen mit einem Markierwerkzeug auf den Bildern die Schweißpunkte, die erkannt werden sollen. Das funktioniert letztlich einfach wie das Zeichnen auf einem Tablet. Anschließend wertet die KI die Daten aus und berechnet ein Modell, das Weller und seine Kollegen schrittweise optimieren können.
„Es reichen wenige Trainingsbilder aus, um ein funktionsfähiges KI-Modell zu erstellen“, so Weller. „Sobald das Modell zufriedenstellend ist, integrieren wir es in die Fertigungslinie und testen es an unserem realen Bauteil.“ Dort kommt die neue KI-Filter-Option für VisionLine Detect ins Spiel. Dieser Filter verbessert die Merkmalsdetektion von VisionLine Detect und unterscheidet noch präziser zwischen relevanten Bildbereichen und Elementen wie Vorrichtungen, Verschmutzungen oder Reflexionen. „Der Unterschied zwischen VisionLine Detect mit und ohne KI-Filter wird hier besonders deutlich“, betont Weller. „Der KI-Filter binarisiert das Bild – erzeugt also eine Darstellung in ausschließlich schwarz und weiß. Das erkannte Bauteil wird weiß, während die umliegenden Bereiche schwarz dargestellt werden. So können die Kantenerkennungsalgorithmen den zu detektierenden Schweißbereich problemlos identifizieren.“
KI bringt Tempo in die Prozessentwicklung
„Die Erweiterung von VisionLineDetect auf EasyModel AI und den KI-Filter erforderte lediglich das Freischalten der Option“, berichtet Weller. Während der Inbetriebnahme der Vorserienanlage begleiteten TRUMPF Experten Weller und seine Kollegen durch die EasyModel-AI-Prozesschritte. „Nach einer oder zwei Stunden hatten wir unser erstes Ergebnis“, erzählt Weller. Diese Einfachheit der Anwendung ist für Weller ein klarer Vorteil. „Auch wenn die Serie schon läuft, wird es hin und wieder Anpassungsbedarf geben. Da müssen dann die Kollegen an den Standorten ran“, sagt er. „Da ist es gut, dass das System nach dem Prinzip ‚what-you-see-is-what-you-get‘ arbeitet. Das ist auch für Nicht-Programmierer leicht zu verstehen.“
In der Vorserienentwicklung liegt der Fokus auf dem Zeitgewinn. „Hier bringt EasyModel AI einiges an Tempo. Für gute Ergebnisse brauchen wir nicht mehr Tage, sondern Stunden, und das Nachtrainieren spart auch jede Menge Zeit“, sagt Weller. Und weil das Technologietrio EasyModel AI, KI-Filter und VisionLine Detect so einfach anzuwenden ist, nutzt es Weller auch zunehmend für Kleinserien und den Musterbau. „Das war bisher zu aufwendig“, begründet er das. Jetzt halten Weller und seine Kollegen die Augen offen, wo im Unternehmen sich die neue Lösung sonst noch einsetzen lässt. „Ich sehe großes Potenzial überall dort, wo wir in engen Toleranzen viele Schweißpunkte aufspüren müssen. Das geht mit KI einfach schneller.“