Auf einem Förderband in fünf Metern Höhe kreisen Bauteile in Kisten über den Hallenboden. Gabelstapler transportieren große Pakete in ein Hochregallager. Eine Mitarbeiterin scannt Barcodes von Bauteilverpackungen und sortiert sie in Kisten. Es riecht nach Metall und Plastikfolie, die Stapler rattern und ein Lastenaufzug saust rauf und runter.
Was hier durch die Halle geschleust wird, sind Ersatzteile von TRUMPF Maschinen. 85.000 verschiedene Materialnummern hält das Hochtechnologieunternehmen in seinem Logistikzentrum in Ditzingen vorrätig. Die Lieferzeiten setzen Maßstäbe in der Branche. „85 Prozent der Bestellungen verladen wir noch am selben Tag auf den LKW, also ‚same day out‘. Das schafft kaum jemand in der Blechwelt,“ sagt Oliver Türk, der das Logistikzentrum seit zwei Jahren verantwortet. Bei durchschnittlich 99 Prozent der Bestellungen kann TRUMPF die geplante Auslieferung halten. „Wenn wir an einem Tag 100 Prozent erreichen, gibt es Pizza für alle. Das haben wir in diesem Monat schon zweimal geschafft“, sagt Türk.
Nur den Lieferschein auf Papier
Doch wie gelingt es, bei 85.000 Bauteilen den Überblick zu behalten? Die 160 Mitarbeiter im Logistikzentrum arbeiten komplett digital. Alle Bauteile sind mit Barcodes versehen, ebenso wie die Kisten und Pakete. Bevor ein Mitarbeiter einen sogenannten „Pick“ ausführt, also das Teil zur Weiterverarbeitung anfasst, scannt er den Barcode mit einem Handscanner. Somit weiß die Software von TRUMPF jederzeit, wo die Bauteile aus den Bestellungen der Kunden sind. „Nur den Lieferschein stellen wir aus rechtlichen Gründen noch in Papierform aus,“ so Türk.
Ditzinger Leitstand überwacht Ersatzteilversorgung weltweit
Außerdem sorgt der sogenannte „Leitstand“ dafür, dass im Logistikzentrum nichts anbrennt. Er befindet sich hinter einer Glasfront, die jederzeit freie Sicht auf die Lagerhalle ermöglicht. Ähnlich wie in einer Feuerwehrzentrale sitzen hier die Mitarbeiter den ganzen Tag vor Monitoren und Dashboards. Sie bilden live ab, wie sich die Bauteile durch die Lagerhalle bewegen – vom Wareneingang bis zur Auslieferung durch den LKW. Kommt es zu einer Störung, schlägt die Software Alarm. Vom Ditzinger Leitstand aus überwacht TRUMPF noch vier weitere Ersatzteillager auf der ganzen Welt, etwa in Asien oder den USA. „So kommen auch unsere internationalen Kunden in rund zwei Tagen an ihre Bestellung,“ so Türk.
Lichtmarkierung statt Laufzettel
Türk und sein Team nutzen auch digitale Hilfsmittel für ihre Arbeit. Bei der Kommissionierung, also der Zusammenstellung der Aufträge, setzten sie beispielsweise ein „Pick per Light“ System ein. Dabei zeigen farbliche Lichtmarkierungen den Mitarbeitern an, in welche Kisten sie welche Bauteile einsortieren müssen. Das verhindert Fehler und Mitarbeiter ohne Vorkenntnisse können direkt loslegen. „Es arbeitet sich viel leichter mit intuitiver Software anstatt klassischen Laufzetteln. Das macht die Kommunikation eindeutig“, sagt Türk. Vor dem Versand legen die Mitarbeiter jedes Paket auf eine intelligente Wage. Sie vergleicht das Gewicht der Teile mit dem im System hinterlegten Wert. Stimmt der Inhalt nicht mit der Bestellung überein, erscheint eine Fehlermeldung und der Mitarbeiter kontrolliert das Paket.
„Ohne den Loop steht alles still“
Das Förderband, das über der Werkhalle seine Runden dreht, heißt „Loop“. Es verteilt die in Kisten gelagerten Bauteile an die verschiedenen Stationen zur Weiterverarbeitung. „Ohne den Loop steht hier alles still“, sagt Türk. Bis zu 120 Kisten mit Werkstücken haben hier gleichzeitig Platz. Herzstück des TRUMPF Logistikzentrums ist das automatisierte Kleinteillager (AKL), das ein Lastenaufzug automatisiert bedient. 75 Prozent aller Teile hält das Unternehmen hier vorrätig. Ein Aufzug holt die Werkstücke wie von Geisterhand aus ihrem Regalfach und bringt sie zur Kommissionierung. Rund 1500 Aufträge verlassen auf diese Weise pro Tag das Logistikzentrum.
Emotionale Zahlen statt Prozentsätze
Neben modernen Technologien tragen auch die Mitarbeiter dazu bei, dass die Ersatzteile schnell und zuverlässig das Logistikzentrum verlassen. Jeden Morgen findet beispielsweise eine Stehung statt, bei der die Führungskräfte die wichtigsten Zahlen vom Vortag mit einem Textmarker auf ein Whiteboard schreiben und diese mit ihren Teams besprechen. „Ich bin zwar ein großer Digitalisierungsfan, aber in manchen Fällen erzeugt Handschrift mehr Aufmerksamkeit bei der Belegschaft“, so Türk. Außerdem setzt Türk auf emotionale Zahlen. Beispielsweise notiert er jeden Morgen die Anzahl der “unzufriedenen Kunden”, die noch auf ihr Paket warten, auf dem Whiteboard. „Wenn ich hier die Ziffer ‚Drei‘ eintrage, spornt das die Belegschaft mehr an, sich zu steigern, als irgendwelche Prozentsätze.“
Um 19 Uhr abends haben rund 1500 Bestellungen das Logistikzentrum von TRUMPF verlassen. Der Wareneingangsbereich ist leer, das AKL und der Loop stehen still. Um 6 Uhr am nächsten Tag nehmen die ersten Mitarbeiter wieder ihre Arbeit auf und versorgen Kunden auf der ganzen Welt mit Ersatzteilen. „Unser Ziel sind 1800 Auslieferungen pro Tag“, sagt Türk. Was es dann anstelle der Pizza für das Team gibt, weiß Türk aber noch nicht.










