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Ramona Hönl

Hackschnitzel, Hightech, Heizomat – mit Smart Factory energieautark produzieren

F ür Robert Bloos beginnt Innovation mit Anpacken. Und mit einem klaren Ziel: Industrieproduktion neu zu denken. In der bayrischen Kleinstadt Heidenheim entsteht ein Werk, das zeigen soll, wie energieautarke, vernetzte Produktion in der Praxis funktioniert: die Green Smart Factory von Heizomat.

Wenn Robert Bloos in der Morgensonne in den Bagger steigt, beginnt industrielle Innovation – in der Praxis, nicht im Konferenzraum. Bloos meint es ernst. Er packt selbst mit an, weil er weiß, dass Wandel bei der Haltung beginnt. Der Geschäftsführer von Heizomat, einem familiengeführten Mittelständler aus Gunzenhausen, baut mit seinem Unternehmen Heizsysteme, die mit Holzhackschnitzeln betrieben werden – robust, CO2-neutral und unabhängig von fossilen Brennstoffen. Seit Jahrzehnten beliefert das Unternehmen Landwirte, Kommunen und Betriebe, die auf erneuerbare Wärme setzen.

Doch Bloos reicht das nicht mehr. Er will zeigen, dass nachhaltige Industrieproduktion auch wirtschaftlich sein kann. In Heidenheim, nur wenige Kilometer vom Stammsitz entfernt, baut Heizomat ein Werk mit Vorbildcharakter: die Green Smart Factory. Kein Imageprojekt, sondern ein vollwertiger Produktionsstandort, der Maßstäbe setzen soll – für Energieautarkie, Digitalisierung und nachhaltige Industrieproduktion.

Anpacken statt abwarten: Heizomat-Chef Robert Bloos treibt den Bau der Green Smart Factory mit derselben Entschlossenheit voran, mit der er sein Unternehmen auf energieautarke Produktion ausrichtet.

Viel zu tun: Bloos prüft Anlagen, steuert Prozesse und tauscht sich mit Fertigungsleiter Manuel Vorbrugg aus.

Palettenhacker: Aus Abfallpaletten entsteht wertvoller Brennstoff.

Gemeinsam mit dem Technologiepartner TRUMPF hat Heizomat die gesamte Fertigung neu gedacht und umgesetzt. Die Partnerschaft bringt zusammen, was zusammengehört: Hochtechnologie und Haltung. Bloos denkt längst über seinen klassischen Kundenkreis hinaus. Die neue Fabrik soll nicht nur Landwirte und Kommunen überzeugen, sondern auch industrielle Kunden ansprechen, die nach unabhängigen, praxisbewährten Energiesystemen suchen.

Denn Heizomat will raus aus der Nische. Über Jahre hat sich das Unternehmen mit seinen Hackschnitzelheizungen einen exzellenten Ruf erarbeitet – für Qualität, Langlebigkeit und Praxisnähe. Jetzt geht Bloos den nächsten Schritt: Mit der Green Smart Factory will er zeigen, wie Mittelstand, Nachhaltigkeit und intelligente Vernetzung zusammenspielen können.

Alles auf eine Karte

Robert Bloos weiß: Wer industriell produziert, braucht Planungssicherheit. Nur wenige wagen den Wechsel in eine neue Energieversorgung, solange sie nicht praxiserprobt ist. Also geht er selbst voran – und schafft ein funktionierendes Vorbild. Die Green Smart Factory beweist, dass energieautarke Industrieproduktion technisch möglich und zugleich auch wirtschaftlich tragfähig ist. Heizomat zieht mit dem gesamten Blech-, Rundrohr- und Zerspanungsprozess in das Gebäude ein und macht vor, wie sich Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit vereinen lassen – mit Digitalisierung als Schlüsseltechnologie.

„Drei Dinge machen die Green Smart Factory aus“, sagt Bloos. „Die Energieversorgung, der modernste Maschinenpark und die Software, die alles zusammenhält.“ Das Ganze folgt einem einfachen Leitprinzip: Die Produktion richtet sich nach der verfügbaren Energie – nicht umgekehrt. „Energiegeführt“ nennt Bloos das.

Heizomat sorgt vor

Konkret funktioniert es so: Sonne, Wind und Holz decken den gesamten Energiebedarf. Gekoppelte Systeme versorgen die Produktionshalle mit Strom, Wärme und sogar Kühlung. Das Herzstück von Heizomat ist eine leistungsstarke Hackschnitzelheizung in Kombination mit einem Holzvergaser. Dieser erzeugt nicht nur Wärme, sondern rund um die Uhr auch wertvollen Strom. Die benötigten Hackschnitzel produziert Heizomat selbst: Ein Palettenhacker zerlegt vor Ort die Paletten, auf denen Lieferanten etwa Blech anliefern. Aus diesem scheinbaren Abfall entsteht ein wertvoller Energieträger, der die Produktion mit nachhaltiger Wärme versorgt.

Heizomat hat auch an die Details gedacht: Die Halle überzeugt durch eine hocheffiziente Wärmeverteilung mit integrierter Beleuchtung. Auch das ist Teil des Konzepts: Ressourcenverbrauch nicht nur verlagern, sondern senken. Doch das Gebäude „denkt“ weiter. Die Fertigung ist automatisiert, die Steuerung intelligent vernetzt. Gemeinsam mit TRUMPF hat Heizomat den Maschinenpark geplant. Er umfasst mehrere Schweißzellen aus der Reihe TruArc Weld 1000, Biegemaschinen aus der Serie TruBend 5000 und 8000 und Laserschneidmaschinen wie die TruLaser 3030 und die TruLaser 5040 sowie das STOPA Großlager. Planen und steuern lässt sich das alles über die TRUMPF Software Oseon, die nahtlos mit dem firmeneigenen ERP kommuniziert, einer Software, die betriebliche Abläufe steuert. Material, Daten und Energie fließen zusammen – intelligent, effizient, durchgängig.

Für die weiteren sechs Partnerunternehmen – von der Energie- und Gebäudetechnik bis hin zu Automatisierungslösungen – ist die Green Smart Factory ein echter Glücksfall. Sie dürfen die Fertigungshalle als Showroom nutzen, um ihren Kunden reale Produktionsprozesse vorzuführen. Gerade in Zeiten der digital vernetzten Fertigung ist das ein unschätzbarer Vorteil, betont Bloos. „Die meisten Firmen zeigen ihren Kunden bislang nur einzelne Maschinen. Aber entscheidend ist, wie alles zusammenarbeitet.“

Anlieferung: Eine neue Maschine trifft ein – der nächste Baustein für die energieautarke Fabrik.

Planung ist alles: Bloos prüft den digitalen Hallenplan der Green Smart Factory.

Zwischen Stahl und Steuerung: Die Green Smart Factory von Heizomat beeindruckt durch moderne Maschinen, Software und Nachhaltigkeit.

Für Robert Bloos ist das Werk weit mehr als ein Aushängeschild – es ist eine strategische Notwendigkeit. Wer heute unabhängig sein will, muss vorbereitet sein. Deshalb legt Heizomat Vorräte an: Hackschnitzel für über ein Jahr, Bleche in großen Mengen. Möglichst viel entsteht in Eigenregie – aus Prinzip. Denn Sicherheit ist keine Folge von Worten oder Absichtserklärungen, sondern von Taten. „Der Landwirt macht sein Holz für zwei Jahre und legt’s auf den Hof. So denken wir auch“, sagt Bloos.

Diese Haltung spiegelt sich auch in der Finanzierung der neuen Fabrik: keine Risiken durch Fremdkapital, stattdessen setzt Bloos auf solide Rücklagen. Wenn andere in der Krise ins Straucheln geraten, bleibt Heizomat stabil, weil Bloos und sein Team bewusst vorsorgen. Gleichzeitig lebt das Unternehmen eine echte Kreislaufwirtschaft. Die Hackschnitzel stammen aus der Region – oft von Bäumen, die ohnehin gefällt werden müssen, und an Autobahnen herumstehen. Was anderswo als Abfall gilt, nutzt Heizomat als Wertstoff. Und das Ergebnis bleibt in der Region: kurze Wege, klare Verantwortung, starke Identität.

Der Maschinenpark ist kein Zufallsprodukt. Die enge Partnerschaft mit TRUMPF hat ein klares Ziel: Produktivität steigern, Belastung senken. Knochenjobs wie das manuelle Biegen von Blechteilen gehören der Vergangenheit an. Die Maschinen fügen sich nahtlos ins digitale Gesamtkonzept ein. Was früher auf Papier dokumentiert wurde, läuft heute automatisiert – gesteuert, dokumentiert, analysiert.

Herzstück von Heizomat: Robert Bloos prüft die Qualität der regionalen Hackschnitzel.

Vorfreude: Robert Bloos und Fertigungsleiter Manuel Vorbrugg begutachten die neue TRUMPF Maschine.

Mehr als ein Lager: Das STOPA-Lager mit 1500 Lagerplätzen der Green Smart Factory sorgt für Unabhängigkeit und Verlässlichkeit in der Fertigung.

Innovation durch Anpacken

Bei Heizomat entstehen neue Lösungen nicht auf dem Reißbrett. Bloos hört hin, vertraut seinem Team und seinem Gespür. Ideen, Probleme und Rückmeldungen fließen direkt in die Weiterentwicklung seiner Maschinen ein. Wenn ein Gerät im Alltag nicht zuverlässig funktioniert oder umständlich zu bedienen ist, wird es verbessert. Und zwar sofort. Zwischen Idee und Umsetzung liegen oft nur wenige Tage.

Eine klassische Forschungs- und Entwicklungsabteilung? Fehlanzeige. Bloos setzt auf Pragmatismus statt Prozess, auf Handwerk statt Hochglanzstrategie. Er ermutigt die Belegschaft, selbst kreativ zu werden. „Nicht reden, machen!“ ist längst über die Jahre zum inoffiziellen Firmenmotto geworden. Es ist das „Carpe diem“ von Heizomat. Viele im Team arbeiten selbst mit den Produkten, ob im Service, in der Montage oder zu Hause. Ihr Feedback kommt direkt aus dem Produktionsalltag. Diese Nähe zum Produkt ist tief in der Firmen-DANN verwurzelt. Schon Robert Bloos senior, der Firmengründer, war Unternehmer mit Prinzipien: lieber solide als spekulativ, lieber bodenständig als abgehoben. Sein Sohn führt das konsequent weiter – mit einer offenen, praxisnahen Innovationskultur.

Ob auf dem Hof, im Bagger oder im Büro – für Robert Bloos beginnt Zukunft mit Verantwortung. Und mit dem Mut, einfach anzufangen. Doch auch ein Pragmatiker denkt strategisch. Japan und USA stehen auf seiner Agenda. Diese Märkte bieten neben der hohen Technikaffinität vor allem auch die Chance, die Abhängigkeit vom europäischen Markt zu verringern. Heizomat denkt international – auch wenn die Wurzeln in der Region bleiben. Und irgendwann? Könnte sein Sohn übernehmen. Der Elfjährige schaut seinem Vater schon heute mit Freude über die Schulter und hilft im Unternehmen mit. Doch Bloos gibt keine Richtung vor. „Er soll seinen eigenen Weg gehen.“ So wie er es einst selbst getan hat.

Erstellt am 27.11.2025
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